Digitalisierung und Transformation erfolgreich gestalten

DIGITALTRANSFER-Analyse: Gastronomie-Hersteller sind schlecht für den digitalen Dialog mit ihren Kunden aufgestellt

von Dirk Otten am 14.03.17 13:17
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Während die Digitalisierung viele Branchen bereits seit Jahren verändert und zum Teil regelrecht umgekrempelt hat, ist die Gastronomie bisher wenig davon betroffen. Überall hört man, das Geschäft sei viel zu persönlich und von den guten Beziehungen untereinander geprägt, als dass die Digitalisierung zu signifikanten Veränderungen führen könne. Das ändert sich jetzt. Aber nur schleppend. Wir haben den Status führender Hersteller der HoReCa in der Digitalisierung ihrer Vermarktung untersucht.


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Die Digitalisierung schafft komplett neue Wettbewerbsverhältnisse

Mit digitalen Lösungen wie zum Beispiel der App-Steuerung des SelfCookingCenters von Rational oder „Pay per wash“ von Winterhalter betreten erste Unternehmen Neuland. Hier verändert sich nicht nur das Produkt, hier werden auch neue Märkte angesprochen. Der Fachhandel muss neue Kompetenzen in sein Leistungsspektrum aufnehmen, wenn er weiterhin die zentrale Rolle im indirekten Vertrieb spielen will.

Doch an der HOST 2017, der führenden Messe für Gastronomie in Europa, scheint die Digitalisierung vorbeizugehen. Kein Wort davon auf deren Website, kein Thema auf ihren Veranstaltungen. Und auch für die gesamten HoReCa-Branche scheint die Digitalisierung bisher noch ein Mode zu sein. Ja, es werden Geräte an das Internet angebunden. Von disruptiven, neuen Geschäftsmodellen fehlt jedoch jede Spur. Auch neue Lösungen und Services lassen auf sich warten. Und selbst in den Grundlagen der Vermarktung, in Marketing und Vertrieb, wo besonders schnell Mehrwerte durch die Digitalisierung erzielt werden können, gibt es wenig Bewegung.

Dabei hat zuletzt schon die INTERNORGA Jahr auf die Bedeutung der Digitalisierung verwiesen. Gemeinsam mit dem Gottlieb Duttweiler Institut formulierte sie die zentralen gastronomischen Trends 2025 formuliert. Die Kernthese lautete: „Die Digitalisierung schafft komplett neue Wettbewerbsverhältnisse“. Denn:

  • „(...) das Tempo zieht weiter an. Die Gastronomie muss sich der voranschreitenden Digitalisierung und neuer Konkurrenz aus dem Tech-Sektor stellen.“
  • „Produzenten, Händler und Gastronomen geraten noch mehr unter Zugzwang.“
  • „Es wird für Anbieter immer wichtiger, sich klar zu positionieren und die eigenen Stärken auszuspielen, bevor ein Start-up oder ein großer Player das Geschäftsmodell besser, billiger und schneller umsetzt.“

Das bedeutet für alle Akteure, auf die durch die Digitalisierung veränderten Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Innovationen in der Produktentwicklung sind ein Weg, darauf zu reagieren. Doch mindestens genauso wichtig ist es, sich auf das gewandelte Kommunikationsverhalten der Kunden einzustellen: Wir alle sind es heute gewohnt, uns vor Kaufentscheidungen online zu informieren. Was im privaten Umfeld bereits Norm ist, wird auch im B2B-Bereich immer selbstverständlicher. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Bietet der Fachhandel online Antworten auf die Fragen der Kunden? Nein. Finden die Kunden dann die Antworten bei den Herstellern? Leider auch nicht, wie die DIGITALTRANSFER-Analyse „Hersteller-Websites Gastronomie: Bereit für den digitalen Dialog?“ zeigt. (Hier können Sie die vollständigen Ergebnisse herunterladen)

DIGITALTRANSFER-Analyse Hersteller-Websites Gastronomie - Bereit für den digitalen Dialog?.png

 

Die Fragen der Kunden bleiben unbeantwortet

Denn Kunden suchen online zuallererst nicht nach Marken oder konkreten Produkten und Preisen, sondern wollen sich einen Überblick verschaffen. Die digitale Kommunikation mit den Kunden beginnt also bereits früh im Informations- und Einkaufsprozess, wenn der Kunde sich für ein Thema interessiert und mögliche Lösungen für sein Problem noch gar nicht kennt.

Wer zum Beispiel als Quereinsteiger ein Café gründet und Interesse an einer professionellen Spülmaschine hat, gibt vielleicht bei Google ein: „Wie funktioniert eine Gastronomie Spülmaschine?“

 

Diese Frage führt zu folgenden Suchergebnissen:

Wie funktioniert eine Gastronomie Splümaschine.png

(Quelle: Google)

 

Besucht man die dahinterliegenden Fundstellen, wird deutlich, dass es keine zufriedenstellende Antwort gibt. Niemand erklärt dem interessierten Gastronom, wie eine Gastronomie-Spülmaschine funktioniert und was es beim Kauf zu beachten gibt.

 

Die Hersteller haben die Kompetenz, die Antworten zu geben

Hier liegt die Chance für die Hersteller. Sie haben die Kompetenz, Antworten auf diese Fragen zu geben und so ihre Bekanntheit beim Endkunden zu erhöhen und einen neuen Zugang zu ihm zu bekommen.

Wie gut also sind die Gastronomie-Hersteller heute schon aufgestellt, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen? Wir haben einen Blick auf ausgewählte Unternehmen für Großküchentechnik, Küchenzubehör, Einrichtung und Ausstattung und den gedeckten Tisch (Tabletop) geworfen: Wie weit sind sie bereits heute in der Lage, den digitalen Kontakt und Austausch mit ihren Kunden aufzubauen, zu pflegen und für sich zu nutzen?

 

Der Status in der Praxis

Dazu haben wir die Websites und Blogs von 17 Unternehmen analysiert. Unsere Auswahl umfasst die Marken, die uns Gastronomen ungestützt genannt haben. Sie hat nicht den Anspruch, die gesamte Branche abzubilden. Es geht darum, einen Eindruck zu vermitteln, wo diese Unternehmen stehen.

Wir haben uns auf die Websites der Unternehmen konzentriert, da hier am effektivsten ein steuerbarer digitaler Dialog aufgebaut werden kann. Zudem können Interessenten hier gezielt zu Leads konvertiert werden.

 

Diese Hersteller-Websites haben wir analysiert:

 

Dabei haben wir sechs Kriterien betrachtet, die ausschlaggebend dafür sind, den digitalen Kontakt mit potenziellen Kunden gezielt auf- und auszubauen.

  1. Klare Positionierung
    • Ist auf der Website eine klare Positionierung erkennbar? Formuliert der Hersteller ein klares Nutzenversprechen für seine Kunden?
  2. Inhalte und Relevanz:
    • Gehen die bereitgestellten Inhalte über reine Produktinformationen hinaus und geben sie den Kunden zusätzliche Mehrwerte?
    • Gibt es einen Blog, der dynamisch wächst?
    • Gibt es weiterführende Inhalte zum Herunterladen?
  3. Conversion-Orientierung:
    • Ist die Website darauf ausgelegt, Besucher zu Leads zu konvertieren und so mehr über sie zu erfahren?
    • Gibt es Angebote für weiterführende und tiefer gehende Informationen, die erst nach Angabe von Kontaktdaten verfügbar sind (sogenannter „Gated Content“)?
    • Gibt es konkrete Handlungsaufforderungen an die Kunden, sich intensiver mit dem Angebot zu Beschäftigen (sogenannte „Call-to-actions“)?
    • Gibt es Landingpages, auf denen die Interessenten zu Leads konvertiert werden können?
    • Sind Formulare vorhanden, die Kundeninformationen abfragen (z.B. Name, E-Mail)? Sind diese Formulare „intelligent“, so dass sie bei jedem weiteren Besuch des Kunden nach und nach zusätzliche vertriebsrelevante Informationen abfragen (z.B. Branche, Unternehmensgröße, Funktion, Interesse, Bedarf)
  4. Newsletter:
    • Gibt es einen Newsletter mit regelmäßigen Informationen, um mit Interessenten in Kontakt zu bleiben, die kontinuierlich informiert werden wollen?
  5. Chat:
    • Ist eine Chat-Funktion vorhanden? Und wie schnell wird auf Anfragen im Chat reagiert?
  6. Unterstützung mobiler Endgeräte:
    • Passt sich die Website der Größe der verschiedenen Ausgabegeräte an (Desktop, Ipad, Smartphone)? Ist sie insbesondere auch auf mobilen Geräten gut lesbar (sogenanntes „Responsive Design“)?

 

Diese Eindrücke haben wir gewonnen:

  1. Nur ein Viertel der Hersteller haben eine klare Positionierung mit einem verständlichen Nutzenversprechen für den Kunden
  2. Der Großteil bietet nur Informationen zu Produkten. Nur drei Hersteller bieten Informationen mit zusätzlichen Mehrwerten, die den Kunden schon früher in ihrer Informationssuche abholen.
  3. Nur zwei Herstellern bieten einen Blog mit relevante Inhalten. Zwei weitere Hersteller bieten mit einem „Social Board“ und einem „Club“-Portal zumindest Alternativen für den Kontakt mit ihren Kunden.
  4. Kein Hersteller nutzt den Traffic auf seiner Website dafür, gezielt Leads zu generieren und so seine Kunden besser kennenzulernen.
  5. Fast kein Hersteller bietet weiterführende Inhalte, die über Kataloge, Broschüren, Datenblätter oder Bedienungsanleitungen hinausgehen. Ein Viertel der Hersteller bietet überhaupt keine weiterführenden Inhalte.
  6. Kein Hersteller nutzt „Gated Content“ – also Inhalte, die so relevant und wertvoll für die Interessenten sind, dass sie bereit sind, dafür ihre Kontaktdaten abzugeben.
  7. Kein Hersteller nutzt Leadgenerierungs-Mechaniken wie Call-to-actions (CTAs) oder Landingpages.
  8. Die meisten Hersteller nutzen Formulare. Keines der Formulare ist jedoch „intelligent“ und sammelt dynamisch und fortlaufend weiteres Wissen über die potenziellen Kunden.
  9. Nur etwas mehr als die Hälfte der Hersteller bietet Newsletter an.
  10. Kein Hersteller nutzt eine Chat-Funktion zum direkten Austausch mit den Besuchern.
  11. Nur die Hälfte der Hersteller hat den Webauftritt für die Nutzung auf mobilen Endgeräten optimiert.

 

Die Ergebnisse im Überblick:

Ergebnisse_im_Überblick_Analyse_Websites_Gastronomie-Hersteller.jpg

 (DIGITALTRANSFER-Online-Recherche, Februar/März 2017)

 

Interesse an den detaillierten Ergebnissen? > Jetzt hier klicken und herunterladen! 


Fazit: 

Die Digitalisierung kommt und wird die Gastronomie-Branche verändern. Was das für die Hersteller, die Werksvertretungen, die Fachhändler und die Endverwender konkret bedeutet, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Jetzt aber haben die Hersteller die Chance, das Thema anzupacken und die Digitalisierung als etwas zu nutzen, das es ihnen ermöglicht, zu gestalten, die Branche mit zu verändern und ihre künftige Position darin aktiv zu bestimmen. Dazu ist es jetzt an der Zeit, die Grundlagen zu schaffen.

Die Websites der untersuchten Hersteller folgen noch einer traditionellen Marketing- und Vertriebsauffassung und nutzen das Potenzial dieses digitalen Kommunikationsmittels nicht. Angebote für Interessenten, die sich nicht über konkrete Produkte informieren möchten, sondern über andere Themen, die sie bewegen, sind kaum vorhanden. Die Chance, so mit Interessenten in Kontakt zu treten, die sich am Beginn eines Information-Prozesses befinden (der später zu einem Kaufprozess werden kann), wird von den Herstellern nicht genutzt.

Doch gerade dadurch bekommen die Hersteller die Chance, Antworten darauf zu finden, wie sie die Digitalisierung für ihre Endkunden – und damit für sich – nutzen können. Zugleich gehen sie damit neue Wege, um zusätzliche Leads, Verkaufschancen und mehr Umsatz zu generieren – und dabei unabhängiger vom Fachhandel zu werden. 

 

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Themen: Vertriebsmanagement Digitale Transformation