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Remote-Workshops in Corona-Zeiten: Unsere Erfahrungen und Empfehlungen

von Dirk Otten am 13.11.20 13:48
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Workshops online in Corona-Zeiten: Funktioniert das? Wie geht man das an? Was ist zu beachten? Unsere Erfahrungen nach 6 Monaten „remote“ Arbeit mit verteilten Teams

Für uns als Strategie- und Organisationsentwickler sind Workshops eines der wichtigsten Arbeitswerkzeuge: Nach Phasen der Analyse und der Verdichtung sind es fast immer Workshops, in denen wir die zuvor gewonnenen Erkenntnisse an die Beteiligten vermitteln, mit ihnen gemeinsam diskutieren, ergänzen, priorisieren und die Teilnehmer dabei begleiten, Entscheidungen zu treffen und diese umzusetzen.

In den vergangenen Jahren haben wir zwar immer mal wieder Meetings und auch den einen oder anderen Workshop online gehalten und Erfahrungen gesammelt. Online-Formate waren aber immer nur die zweitbeste Option und damit die Ausnahme.

Das hat sich seit März 2020 grundlegend geändert: Als Corona kam, waren wir praktisch über Nacht gezwungen, fast jeden Workshop online und nicht als Präsenz-Veranstaltung durchzuführen. Seitdem haben wir viele Male Workshops moderiert, in denen jeder Teilnehmer an einem Rechner an einem anderen Ort saß – von Deutschland über Amerika bis nach Asien. Wir haben die unterschiedlichsten Tools und Techniken genutzt. Und wir haben bis zu acht Stunden an einem Tag miteinander gearbeitet – also genauso lang wie ein „normaler“ Tages-Workshop dauern kann.

Wie ist es gelaufen? Was haben wir gelernt? Was sollte man beachten? Was sollte man vermeiden? Mit allen Workshop-Interessierten möchten wir hier unsere Erfahrungen teilen.

 

Interessiert, aber keine Zeit zum Lesen? Hier den vollständigen Artikel  herunterladen.

 

Unsere Tipps zur Technik

Die technische Verbindung der Teilnehmer untereinander ist DAS Thema für den reibungslosen Ablauf eines Remote-Workshops.

1. Online-Meeting-Tool

Ein geeignetes Tool muss die grundlegende Struktur eines Workshops unkompliziert abbilden und möglichst alle Features bieten, die auch in einem „echten“ Workshop zum Einsatz kommen. Das sind insbesondere:

  • Ein für alle zeitgleich zugänglicher virtueller Arbeitsraum zum gemeinsamen Erstellen, Zusammenführen und Bearbeiten aller Inhalte
  • Separate virtuelle „Breakout-Rooms“ für das Arbeiten in getrennten Gruppen
  • „Whiteboards“ für das gemeinsame Arbeiten an einem Thema, die alle Teilnehmer simultan nutzen können
  • Ein „Private Mode“ für Stillarbeit zum ungestörten Erstellen von persönlichen Inhalten, ohne dass andere Teilnehmer die Inhalte einsehen können
  • Eine für alle sichtbare Uhr zum Anzeigen der verbleibenden Arbeitszeit im „Timeboxing“

Zoom in Zusammenarbeit mit Mural erfüllt diese Anforderungen aus unserer Sicht in der besten Qualität. Leider gibt es viele IT-Abteilungen, die die Installation des Zoom-Clients verbieten – vor allem in Unternehmen, die die Policy haben, Microsoft Teams zu nutzen. In diesen Fällen lässt sich auch mit der Webanwendung von Zoom gut arbeiten. Wenn unsere Kunden mit anderen Tools arbeiten (neben Microsoft Teams oft noch GoToMeeting), sind in der Regel die Basisfunktionalitäten verfügbar, die das problemlose Arbeiten einer Gruppe an einem Board erlauben. Differenziertere Funktionen fehlen allerdings meist, vor allem im Vergleich zu Zoom (so hat Teams erst im September die Breakout-Room-Funktion spendiert bekommen.)

Während Zoom die bestmögliche Verbindung der Teilnehmer untereinander garantiert, ist für das kollaborative Arbeiten in einem virtuellen Arbeitsraum Mural unsere erste Wahl. Dieses Tool bildet perfekt die Praktiken eines an agilen Methoden und Kanban orientierten Arbeitens ab und läuft über den Browser. Schwächen hat Mural zurzeit noch, wenn es um die Präsentation von Inhalten geht. Mural hat dies erkannt und will bis Ende des Jahres einen erweiterten „Zapp-Modus“ mit paralleler Übertragung von virtuellem Arbeitsraum und Kamera-Bild des Präsentierenden launchen. Bis dahin funktioniert für uns die Kombination von Zoom (mit eingeschränkter Funktionalität über den Browser) und Mural gut.

 

2. Technisches Training

Das tollste Online-Meeting-Tool nützt nichts, wenn ein Teilnehmer den Ton nicht zum Laufen bekommt. Daher proben wir die Nutzung des Meeting-Tools IMMER MIT ALLEN vorab. Dazu gehören auch technische Basics wie Video und Ton an- und ausschalten: Das beherrschen seit Corona zwar die meisten, einigen bereiten es aber noch immer Schwierigkeiten, vor allem wenn im Home-Office nicht die gewohnte Infrastruktur inklusive Help Desk vorhanden ist. Noch problematischer ist die Nutzung der Workshop spezifischen Features (wie zum Beispiel der „Kommentierung“ zur gemeinsamen Arbeit an einem geteilten Dokument). Für den erfolgreichen Ablauf eines Workshops muss all das vorher vermittelt und geübt sein. Wir bieten unseren Kunden daher vorab die Einrichtung und Einweisung in die Nutzung des Tools in bilateral Terminen an – ein Angebot, das sehr gern angenommen wird.

 

3. Technik-Check

Am Tag des Remote-Workshops muss die Verbindung aller Teilnehmer hergestellt sein und stabil laufen. Jeden Online-Workshop beginnen wir daher mit einem technischen Check, in dem Video, Ton und das Teilen eines zentralen Dokuments getestet wird.

Dieser Technik-Check offenbart leider oft DIE Schwachstelle von Online-Workshops: Immer wieder stellt sich heraus, dass ein Teilnehmer wegen schlechter Bandbreite sein Video nicht zeigen kann oder dass sein Rechner gestern ein Update bekam und er daher nicht an der Gruppenarbeit teilnehmen kann. Wir sind auf solche Situationen eingestellt und können improvisieren. Wenn sie eintreten, erschweren solche Fälle aber fast immer den reibungslosen Ablauf der geplanten Workshop-Inhalte.

  

Unsere Tipps zur Arbeitsweise

1. Aufmerksamkeit

Wir haben selten ein so aufmerksames und konzentriertes Arbeiten erlebt wie in den Remote-Workshops. Fast jeder ist bei der Sache, fasst sich kurz, ist fokussiert, hält sich an zeitliche Vorgaben. Kaum jemand fällt einem anderen ins Wort. Es gibt kein Getuschel zu zweit abseits des eigentlichen diskutierten Themas. Voraussetzung: Jeder Teilnehmer arbeitet von einem Arbeitsplatz aus an einem Rechner (und nicht doch in Teil-Gruppen).

Durch das fokussierte Arbeiten kommt man schneller zu Ergebnissen. Die Workshops sind insgesamt „leaner“ und laufen schneller. Geschätzt sparen alle Beteiligten 10 bis 20 Prozent Präsenzzeit. Dazu kommt die immense Zeitersparnis durch die Reisen zum/vom Workshop, die nicht angetreten werden müssen.

 

2. Anstrengung und Pausen

Dieses fokussierte, konzentrierte Arbeiten strengt an. Ist man nach einem normalen Workshop-Tag spätestens am Abend „durch“, so ist dies online deutlich früher der Fall. Es braucht mehr Pausen, um fit und aufmerksam zu bleiben.

Während der Pausen bleiben die Teilnehmer in der Regel im Meeting angemeldet. Somit können wir am Ende einer Pause nicht am Teilnehmer-Status erkennen, ob eine Person zurück ist oder sich vielleicht noch einen Kaffee holt. Daher ist es hilfreich, jeden Teilnehmer nach der Pause einzeln anzusprechen und sich bestätigen zu lassen, dass alle wieder am Rechner sind. Wir vermeiden so, dass jemand den Beginn der nächsten Session verpasst und nicht weiß, was zu tun ist.

 

3. Dokumentation

In Präsenz-Workshops arbeiten wir großteils analog – mit Post-its auf Metaplanwänden. Damit sind Ergebnisse im wahrsten Sinne „greifbar“ und Informationen lassen sich leicht ergänzen, umstrukturieren und für Entscheidungen priorisieren. Im Gegenzug braucht es mehr Zeit, diese „analogen“ Ergebnisse im Anschluss zu dokumentieren.

In Remote-Workshops erarbeiten die Teilnehmer die Ergebnisse in und mit Software-Tools. Sie liegen damit bereits in einem digitalen Format vor; der Workshop lässt sich entsprechend leichter und schneller dokumentieren.

Um die Ergebnisse von Gruppenarbeiten zu dokumentieren, braucht es ein „Whiteboard“, das die meisten Meeting-Tools als Standard bieten. Deren Funktionen sind allerdings begrenzt. Deutlich besser lässt sich mit Online-Tools arbeiten, auf die die Teilnehmer simultan zugreifen können und die speziell für das kollaborative Arbeiten gemacht sind. Hier arbeiten wir wie oben erwähnt sehr gern mit Mural.

Diskutiert die Gruppe ein Thema im Plenum, schreiben wir als Moderatoren in der Regel die Kernpunkte mit. So können wir die Diskussion strukturieren und dokumentieren sie zugleich. In Präsenzworkshops machen wir das mit Post-its oder auf einem Flipchart. Online eignet sich dafür ergänzend zum kollaborativen Tool sehr gut ein iPad mit Pencil; darauf schreiben wir von Hand mit – das geht manchmal schneller, als in ein Tool zu tippen. Und da wir das iPad als zusätzlichen Bildschirm teilen, können alle Teilnehmer zeitgleich mitlesen.

 

4. Präsentationen

Oft gibt es in Workshops Präsentationen – zum Beispiel als Impuls zur Einführung in ein Thema oder zur Vorstellung des Ergebnisses einer Arbeitsgruppe. Vor allem wenn es sich um visuelle Elemente handelt, um Graphiken, Tabellen oder Diagramme, ist es wichtig, den Zuhörer mit einem „Pointer“ durch die einzelnen Elemente zu führen. Dafür eignen sich die Pointer der klassischen Präsentations-Tools (zum Beispiel PowerPoint) grundsätzlich ebenso wie der Pointer des Meeting-Tools. Wir empfehlen, den Pointer des Meeting-Tools zu verwenden, damit sich alle Teilnehmer an dieselbe Arbeitsweise und Optik gewöhnen.

Noch mehr Führung erreicht man, wenn die Präsentation animiert ist und die einzelnen Inhalte nach und nach aufgerufen werden. Damit weiß der Zuhörer, dass man über den Teil spricht, der gerade neu hinzugekommen ist.

Präsentieren mehrere Personen verschiedene Teile einer umfangreicheren Präsentation, bleibt die Steuerung oft bei dem Teilnehmer, der begonnen hat. Damit kann der nächste Präsenter nicht selbst durch seine Inhalte führen und nach jedem Slide hört man: „weiter“... (Pause) „nächstes“... (nochmal Pause) ... „danke“. Das lässt sich vermeiden, indem die Teilnehmer aus einem in der Cloud zentral abgelegten Dokument präsentieren (die Präsentations-Datei also nicht gewechselt werden muss) und der Präsenter die Bildschirmfreigabe und Steuerung der Meeting-Software lediglich an den nächsten Präsenter übergibt, bevor dieser seinen Teil der Präsentation beginnt.

Und immer gilt: „1. Tell them what you gonna tell them. 2. Tell them. 3. Tell them what you told them.” Das ist eine grundsätzliche Regel für jede Präsentation, die online umso mehr gilt.

 

5. Bildschirmfreigabe

Wer Inhalte präsentiert, die nicht im Meeting-Tool erarbeitet worden sind – zum Beispiel eine Datei auf dem lokalen Rechner –, muss seinen Bildschirm teilen. Dazu sollte man nicht den gesamten Desktop, sondern ausschließlich nur das Fenster des Programms teilen, aus dem heraus man präsentiert. Damit wird sichergestellt, dass keine Pop-ups für eingehende Mails oder Nachrichten die Zuhörer ablenken oder für unfreiwillige Komik sorgen.

Über die Bildschirmfreigabe lassen sich übrigens auch die Bildschirme externer Geräte freigeben. Wir nutzen diese Möglichkeit in Remote-Workshops, in denen wir in dem Raum, in dem wir als Moderatoren sind, ergänzend zum Online-Whiteboard zusätzlich analog auf Metaplanwänden arbeiten. Um diese Inhalte online zeigen zu können, geben wir die Kamera eines über Airplay mit dem Präsentationsrechner verbundenen iPhones frei.

 

6. Moderation

Moderation ist herausfordernd, wenn auf der Inhalts- und/oder Beziehungsebene konflikthafte Themen bearbeitet werden. Und das ist bei strategischen Entscheidungen, die Veränderungen in der Organisation bedeuten, fast immer der Fall. Um hier klar und allparteilich durch alle Phasen zu führen, ist es aus unserer Erfahrung wichtig, Workshops mit zwei Moderatoren zu begleiten. So gewinnen unsere Präsenz-Formate seit Jahren deutlich an Qualität. Und Online-Workshops erfordern geradezu zwei Moderatoren, um die Rahmenbedingungen, die Inhalte, die Teilnehmer und nicht zuletzt die Technik parallel bestmöglich zu führen.

 

Resümee

Online-Workshops können Workshops mit persönlichem Kontakt nicht vollends ersetzen, allerdings lassen sich Workshops in Zeiten von Corona auch online sehr erfolgreich durchführen. Dabei können sie sogar deutlich effizienter sein als klassische Präsenz-Workshops.

 

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Themen: Remote-Workshops Corona Kollaboratives Arbeiten