Digitalisierung und Transformation erfolgreich gestalten

Was eine wirksame Digital-Strategie ausmacht: Erfolgsfaktoren für die mittelständische Industrie

von Maren Otten am 08.03.22 17:16
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Was eine wirksame Digital Strategie ausmacht

Die digitale Transformation bietet der Industrie neue Chancen, durch effizientere Produktion und neue Geschäftsmodelle Märkte auszubauen oder neu zu besetzen. Vernetzung, Daten-Aggregation, Automatisierung und digitale Kundenschnittstellen haben aber auch das Potenzial, bestehende hochprofitable Wertschöpfungsketten zu sprengen und Geschäftsmodelle über Nacht obsolet zu machen. Die Corona-Pandemie beschleunigt diese Entwicklung zusätzlich. Eine wirksame Digital-Strategie ist die entscheidende Basis, die eigene Position und den eigenen Weg in der digitalen Transformation zu finden.

Was die zentralen Inhalte einer Digital-Strategie sind und welche Erfolgsfaktoren es bei ihrer Entwicklung zu beachten gilt, das fasst dieser Beitrag zusammen.

Die Digitalisierung sollte für Industrie-Unternehmen oberste Priorität haben. Aber: Spricht man mit Managern der mittelständischen Industrie, so gibt es oft unternehmensintern einige gute Ansätze, die aber trotz großer Anstrengungen und Investitionen nicht die erhoffte Kraft entfalten. Es herrscht der Eindruck: Digital-Strategie-Entwicklung und ihre stringente Umsetzung bleiben in der deutschen Industrie hinter der fundamentalen Bedeutung der digitalen Transformation zurück. Das bestätigt auch der Bundesverband der Deutschen Industrie in seiner mit RolandBerger publizierten Studie „Die digitale Transformation der Industrie“.

Und auch trotz der durch die Corona-Krise inzwischen beschleunigten digitalen Transformation sorgt sich laut des neuen Digital Transformation Index 2020 von Dell die Hälfte der mittleren und großen Unternehmen, dass sie in ihrer Digitalisierung zu langsam sind, und fast ein Drittel befürchtet, die nächsten Jahre nicht zu überstehen.

 

Eine schlechte Digital-Strategie führt nur zu Kostenreduktion

Ein zentraler Grund: Digital-Strategie wird oft als eine Strategie zur Kostenreduktion verstanden und beschränkt sich auf die Realisierung von Effizienzpotenzialen im bestehenden Geschäftsmodell. Das bestätigt auch die McKinsey-Studie „Digital Manufacturing“: Viele Firmen sehen das Potenzial von Industrie 4.0 in Umsatzsteigerung und Kosteneinsparung durch höhere Produktivität der Mitarbeiter und effizientere Maschinen. Dieser Fokus verhilft kurzfristig zu besseren Margen. Langfristig birgt ein eingeschränkter Blick aber die Gefahr, den Bau der Kutsche zu perfektionieren, während Wettbewerber bereits die ersten Automobile mit Verbrennungsmotor testen.

 

Eine gute Digital-Strategie führt zu neuen Geschäftsmodellen

Um nicht Opfer solcher „Game Changer“ zu werden, die die Spielregeln einer ganzen Branche neu definieren, muss die Digital-Strategie aktuelle Entwicklungen und Trends der Digitalisierung bewerten und Empfehlungen für Geschäftsmodelle von morgen aussprechen.

 


Eine genuine Digital-Strategie bedeutet, disruptive Veränderungen im eigenen Geschäftsmodell zu identifizieren und darauf aufbauend neue Geschäftsmodelle zu definieren.


 

Die 3 zentralen Inhalte einer Digital-Strategie

  1. Eine Digitale Vision entwickeln: Was ist der Kern des Leistungsversprechens? Und wie soll diese Leistung, unabhängig von den heutigen Hardware-Kernprodukten, in 5 Jahren am Markt verfügbar sein? Um ein positives Zielbild zu entwickeln, hat es sich bewährt, zunächst extreme Szenarien zu entwerfen: Wie sieht das Geschäft der Zukunft unabhängig von einem industriellen Kernprodukt aus, ohne Hardware, nur in Form von Services und Lösungen? Dann wird skaliert: Welche Stufe auf dem Weg zu diesem Extrembild ist ein ambitioniertes, aber realistisches Ziel in 5 Jahren? 20 Prozent? 50 Prozent? 100 Prozent?
  2. Die Wertschöpfungskette transformieren: Übertragen auf die Wertschöpfungskette und das Verhältnis von physischen und digitalen Produkten: Wo steht das Unternehmen heute und wo will das Unternehmen in 5 Jahren stehen? Welchen Anteil haben dann Software und Dienstleistungen? Dienen sie lediglich der Absatzförderung von Produkten? Spielen sie beim Ausbau des Service-Geschäfts eine treibende Rolle? Oder sind sie gleichrangige eigenständige Angebote, die die Wertschöpfungskette transformieren?
  3. Die Kundenschnittstellen neu denken: Unabhängig davon, wie weit eine Digital-Strategie hinsichtlich des Verhältnisses von physischen und digitalen Produkten greift: Wie und womit stellt das Unternehmen sicher, dass es auch in 5 Jahren seinen Kunden den größten Mehrwert bietet und damit die Schnittstelle zum Kunden besetzt und bestimmt? Und wie wird das in Erfahrung gebracht? Wie kann das Unternehmen seine Kunden systematisch, zum Beispiel mit Hilfe von Data Mining, kennenlernen?

 

Vom „Was“ zum „Wie“ der Entwicklung einer Digital-Strategie

Entwickeln, transformieren, neu denken – die Kernaspekte des „Was“ einer Digital-Strategie tragen bereits im Titel den Hinweis, dass die Entwicklung einer Digital-Strategie kein Projekt ist, dass ein Einzelner kurzfristig realisieren kann. Vor allem tradierte Mittelständler, für die Digitalisierung keine Unternehmung auf der grünen Wiese ist, sondern in eine gewachsene Organisation integriert werden muss, ohne das bestehende Kerngeschäft zu beeinträchtigen, ist das „Wie“ der Digital-Strategie genauso relevant, um an die Strategie-Entwicklung zügig die erfolgreiche Strategie-Umsetzung anschließen zu können.

 

Die 4 Schritte auf dem Weg zur Digital-Strategie

Wie schaffen mittelständische Industrie-Unternehmen die digitale Transformation ohne Identitätsverlust? Wann behindert eine tradierte Unternehmenskultur Innovation und Wandel? Nur wer bei der Digital-Strategie-Entwicklung die Unternehmensorganisation immer mitdenkt, entwickelt eine strategische Roadmap, für die interne Leistungsträger und Meinungsführer die Verantwortung übernehmen und als Treiber agieren. Dazu sollten 4 Schritte auf dem Weg zur Digital-Strategie gegangen werden:

  1. Klärung des Initiators: Soll die Unternehmensstrategie in eine Digital-Strategie überführt werden – Top-down, parallel oder sukzessive in allen Unternehmensbereichen, im Rahmen eines integrierten Ansatzes? Oder ist die Digital-Strategie komplementär zur Unternehmensstrategie angesiedelt und wird von einem oder mehreren Bereichen federführend intern initiiert und vorangetrieben, zum Beispiel durch Produkt Management, Produktentwicklung oder Innovationsmanagement, also Bottom-up?
    • Top-down: Wenn die Digital-Strategie top-down implementiert wird, ist grundsätzliche Einigkeit im Führungsteam eine zentrale Voraussetzung. Wenn zentrale Führungspersönlichkeiten nicht an die Notwendigkeit einer Transformation glauben, sollte mit diesen Bedenken offen umgegangen werden.
    • Bottom-up: Gibt es eine Unternehmensstrategie, in der der übergeordnete Sinn und Zweck, auf den die Digital-Strategie einzahlen soll, formuliert ist? Gibt es klare Aussagen zu bestehenden und künftigen Kunden und Märkten? Wenn nein, dann sollte mit der Unternehmensleitung eng abgestimmt werden, wie diese Leerstelle aufgefüllt wird.
  2. Zusammenstellung des Strategie-Entwicklungs-Teams: Gleichgültig, ob die Digital-Strategie top-down oder bottom-up entwickelt wird: die zentralen internen Stakeholder müssen auf allen Stufen der Entscheidungsfindung eingebunden werden. Denn nur wer an einer Entscheidung beteiligt ist, trägt Verantwortung für deren Umsetzung.
  3. Diagnose der digitalen Reife im Unternehmen: Benutzt die Mehrzahl der Belegschaft beruflich und vor allem innerhalb des Unternehmens dieselben Kommunikationsmittel und -medien wie privat? Meist reicht ein kurzer Blick auf interne Kommunikationssysteme und -standards, um festzustellen, welche digitale Reife ein Unternehmen hat und wie groß die Lücke ist, die es zu schließen gilt.
  4. Analyse der Organisationsprozesse und -strukturen: Werden Aufgaben sequenziell in klar getrennten Funktionen und Bereichen abgearbeitet? Oder wird parallel in cross-funktionalen Teams gearbeitet, die sich evolutionär mit ihren Aufgaben entwickeln? Organisationen mit tradierten Berichtslinien haben meist nicht weniger als einen Wandel ihrer Führungskultur zu meistern, um ihre Digital-Strategie umzusetzen. Denn die Vernetzung der Maschinen erfordert eine Vernetzung der Menschen, um digitale Geschäftsmodelle zu realisieren.

 

Fazit: Um die digitale Transformation eines mittelständischen Industrie-Unternehmens erfolgreich zu meistern und aus dem technisch Machbaren das wirtschaftlich Sinnvolle zu kristallisieren, bedarf es eines 360-Grad-Blickes, der alle erfolgskritischen Aspekte sichtet, in Beziehung setzt, bewertet und in eine Digital-Strategie übersetzt.

 

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